Die Evers Werft: gestern und heute

Die Evers-Werft in Niendorf/Ostsee blickt auf eine fast 100-jährige Geschichte zurück. Der am 21. Januar 1903 in Hamburg geborene Werftgründer Ernst Evers begann im Jahre 1918 eine Bootsbauerlehre bei der Böbs-Werft in Travemünde, die er 1922 mit der Gesellenprüfung abschloss.

Bereits im Jahre 1923 pachtete er rund 100 qm Fläche im Niendorfer Fischereihafen, gründete die Evers-Werft und begann mit der Reparatur von Holzschiffen, zumeist Kutter der hier ansässigen Fischer. Mit Hilfe seiner gesamten Familie und zahlreicher heimischer Mitarbeiter nahm die Werft einen regen Aufschwung.

1928 legte Ernst Evers die Meisterprüfung als Bootsbauer ab. Das kleine Reparaturgeschäft florierte, die ersten größeren Schuppen wurden im Niendorfer Hafen gebaut und der erste Fischkutter wurde auf Stapel gelegt. Die „Gerda“, gebaut für den Niendorfer Fischer Hans Krüger, markierte den Beginn für die Serienfertigung von Fischkuttern. Von Zeit zu Zeit kamen einige Segelboote und Yachten hinzu.

Die Vorkriegsjahre brachten für die Evers-Werft zunächst einen wirtschaftlichen Aufschwung mit sich. Denn der Betrieb wurde zunehmend in die Rüstung eingespannt. Im Auftrag der Kriegsmarine wurden Schwimmkörper für Minenräumgeräte, Schnellbootkiele und vieles mehr gefertigt. Aber auch Krankenbahren auf Schneekufen und andere Dinge, die die werfteigene Tischlerei so hergaben, wurden gefertigt.

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Das rege Treiben auf der Evers-Werft erforderte auch mehr Platz und so wurde im Jahr 1937 ein Pachtvertrag über weitere Flächen mit dem Kreiskommunalverband Eutin geschlossen. Das Werftgelände umfasste nun fast 2.750 qm gepachteter Fläche, die Ernst Evers 1943 unter größten Schwierigkeiten käuflich erwerben konnte.

Nachdem im Jahre 1942 noch 14 Fischkutter und Ausflugsboote zu Küstenschutzbooten umgerüstet wurden begann für die Evers-Werft in den letzten Kriegsmonaten eine schwierige Zeit. Die ausbleibenden Aufträge der Kriegsmarine beeinträchtigten den Werftbetrieb. Die vor dem Hintergrund der bevorstehenden Kapitulation abziehenden Einheiten plünderten die Werkstätten und Hallen und nahmen alles mit sich, was wertvoll erschien. Die durch die abziehenden Truppen vorgesehene Sprengung des kriegswichtigen Betriebs konnte nur im allerletzten Moment noch verhindert werden.

In der von Mangel geprägten unmittelbaren Nachkriegszeit war an Schiffbau dann nicht zu denken. Die Werft hielt sich in dieser Zeit mit dem Bau etwa von diversen Möbeln für die über 2.000 Flüchtlingsfamilien, die nach ihrer Flucht vorerst in Pensionen und Hotels in der Region untergekommenen waren, über Wasser.

Mit zwei Yachten, die für die englischen Truppen auf der Werft gebaut wurden, begann der wirtschaftliche Neuanfang. Auch Fischkutter wurden wieder gebaut, kleinere Segelboote und Reparaturen füllten die Auftragsbücher der Werft langsam wieder auf. Im Jahre 1948 konnte dann das 25-jährige Firmenjubiläum gefeiert werden.

Später kamen Aufträge der Bundesmarine hinzu. Hölzerne Minensuchboote wurden regelmäßig auf der Evers-Werft überholt. Sportboote, Fischereiaufsichtsboote und sogar Seenotrettungskreuzer wurden von der in diesen Jahren bis zu einhundert Mann umfassenden Werftbelegschaft gefertigt.

Aber die Zeiten wurden auch wieder schlechter. Wichtige Aufträge der Bundesmarine, die nun zunehmend Schiffe aus Stahl benötigte, blieben aus. Die durch den Markt geforderten immer größeren Schiffe konnten auf der Evers-Werft nicht mehr gefertigt werden. Die räumliche Enge des Niendorfer Hafengeländes ließ dies nicht zu. Auch das seichte Wasser des Niendorfer Hafenbeckens mit maximalen Tiefen von gerade einmal drei Metern verhinderte den Bau größerer Schiffe. Hinzu kam das Problem der ständigen Versandung des Hafenbeckens und der Hafeneinfahrt, wodurch der Hafen durch größere Schiffe nicht mehr angelaufen werden konnte.

Um den Werftbetrieb aufrecht zu erhalten und vor allen Dingen die für die Region wichtigen Arbeitsplätze zu erhalten, wurde die Evers-Werft dann im Jahr 1973 für zehn Jahre an den Harmstorf-Konzern, zu dem auch die Schlichting-Werft in Travemünde gehörte, verpachtet. Es wurde die Schiffswerft Evers gegründet .Der in den nächsten Jahren spürbare Niedergang der deutschen Werftindustrie machte jedoch die Weiterführung des Schiffbaus im Niendorfer Hafen nach Ablauf des Pachtvertrages unmöglich.

So entschloss sich die Evers-Werft , den Werftbetrieb einzustellen und die Hafenanlagen der Werft zu einem Sportboothafen umzubauen.

Im Jahre 1983 erfolgte die Eröffnung nach nur drei Monaten Bauzeit. Rund 70 Liegeplätze für Yachten von bis zu 14 Metern Länge wurden geschaffen. Ein 20t-Kran wurde errichtet um h neben den Sportbooten auch die Fischerboote aus- und einkranen zu können.

Die drei Werfthallen dienen nun als Winterlager mit einer Kapazität von bis zu einhundert Yachten. Die Evers-Werft verfügt über eine sehr gute Infrastruktur mit Parkflächen für Bootstrailer und PKW, sanitäre Anlagen für Bootseigner und Besucher sowie einen Yachtservice, der durch den Partnerbetrieb Yachttechnik-Schönhoff direkt auf dem Werftgelände angeboten wird.

Noch immer ist die Evers-Werft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Gemeinde Timmendorfer Strand/ Niendorf. Zwar gingen durch den Strukturwandel der Werft viele industrielle Arbeitsplätze verloren, die Bedeutung der Werft für den Tourismus, heute mithin der wichtigste Wirtschaftsfaktor in der gesamten Region, ist jedoch noch immer sehr hoch. Allein rund 20 Personen arbeiten noch heute auf der Werft selbst und in den Partnerbetrieben auf dem Werftgelände. Durch die um die Werft herum entstandenen touristischen Betriebe werden viele Arbeitskräfte im Niendorfer Hafen gebunden.

Heute wird die Werft von Monika Hake-Evers und Gottfried Hake geführt. Ständige Verbesserungen und Ausbauten sorgen dafür, dass die Evers-Werft auch in Zukunft den wachsenden Kundenwünschen gerecht werden kann.

Von 2002 bis 2017 fanden insgesamt 20 Konzerte mit namhaften Künstlern im Rahmen des SHMF in der großen Werfthalle statt. Von 2012 bis 2017 war die Evers-Werft Spielstätte von Jazz Baltica unter der Leitung von Nils Landgren. Dieses Festival gehört zu den bedeutendsten Jazz-Festivals weltweit. Auch hiermit konnte die Evers-Werft dazu beitragen, die Fremdenverkehrsorte Niendorf und Timmendorfer Strand noch attraktiver zu machen.